Geschichte der TEMIC

Die Geschichte der TEMIC Stand Feb 2003

Der Kunstname TEMIC wurde aus den Begriffen TELEFUNKEN und MICRO-ELECTRONIC gebildet.

Damit sind die Wurzeln erkennbar. TELEFUNKEN wurde ursprünglich 1903 aus einer 50/50 Beteiligung von AEG und SIEMENS&HALSKE gegründet, um drahtlose Telegraphie zu vermarkten. Im ersten Weltkrieg entwickelte sich daraus die militärische Funktechnik. Mit der Einführung des Rundfunks 1924/26 wurden die ersten Radioempfänger gebaut. In den 30er Jahren hat TELEFUNKEN die ersten Fernsehgeräte entwickelt und gebaut. Im gesamten Bereich der Hochfrequenztechnik wurde Pionierarbeit geleistet, was durch viele Patente belegt ist.

Die Wiege der Automobilelektronik steht im Werk Ingolstadt, in dem seit 1959 Drehkondensatoren und Trommelkanalwahlschalter und seit 1960 Fernseh- Tuner (Hochfrequenzverstärker von der Antenne bis zum Zwischenfrequenzkreis, meist in einem separaten abgeschirmten Blechgehäuse aufgebaut) gefertigt wurden. Das ZDF wäre ohne die Kanalwahlschalter aus Ingolstadt nicht zu empfangen gewesen. Damals konnte man noch richtig Geld mit Unterhaltungselektronik verdienen und war weltweit Monopolist in diesem Frequenzbereich. Seit 1967 heißt das Unternehmen AEG- TELEFUNKEN. Der Niedergang der TELEFUNKEN Unterhaltungstechnik begann 1972 mit einem winzigen neuen Bauelement, der Kapazitätsdiode. Mit ihr konnte man einfach über eine veränderbare Gleichspannung berührungslos die Empfangskreise abstimmen, und das einzigartige Know How, hochfrequenz- und temperaturmäßig stabile Feinmechanik in Großserie zu beherrschen, war quasi über Nacht wertlos geworden. Natürlich hat TELEFUNKEN sofort diodenabstimmbare Tuner entwickelt und gebaut, aber die neue Technik konnten schnell andere Firmen auch vermarkten und die Monopolstellung war dahin.

Ab 1977 entschied man sich deshalb am Standort Ingolstadt in die Industrie- und Automobilelektronik einzusteigen. Für die AEG Waschmaschinen und Bohrmaschinen wurden die Drehzahlregelungen entwickelt und gefertigt und 1984 die erste sprechende Geschirrspülmaschine. Ein besonderes Highlight war die Entwicklung und Serienlieferung des Induktionskochmoduls für die AEG.

Für OSRAM entwickelten wir für die CIRCOLUX und DULUX Leuchtstofflampen die elektronischen Vorschaltgeräte. Darüber hinaus war Ingolstadt eine Produktionsstätte für Leiterplatten.

Aufgrund der Nachbarschaft zu Audi wurden sogenannte elektronische Relaisbaugruppen entwickelt und gefertigt. Die Funktionen waren rund um den Verbrennungsmotor angesiedelt und versorgten die Kraftstoffpumpe und die Zündanlage mit elektrischen Signalen. So entstanden Benzinpumpenrelais mit elektronischer Drehzahlbegrenzung, eine Leerlaufdrehzahlanhebung, eine digitale Leerlauffüllungsregelung und eine Schalt- und Verbrauchsanzeige.

Im Dezember 1979 erfolgte die erste Serienlieferung aus Ingolstadt. Parallel dazu entwickelte der Halbleiterbereich der TELEFUNKEN in Heilbronn und das Hybride-(Aluminiumoxidkeramik) Werk in Nürnberg eine Transistorzündung, die es bis dahin nur von der amerikanischen Firma FAIRCHILD und über eine Nachbaulizenz von BOSCH gab. Dieses Produkt erhielt 1981 die Fertigungsfreigabe von Audi und VW und wurde weit über eineinhalb Jahrzehnte wegen der hervorragenden Qualität und Zuverlässigkeit von TELEFUNKEN praktisch als Alleinlieferant an VW geliefert.

In Ingolstadt hatte man mittlerweile die Firma WEBASTO als Kunde für eine Heizungssteuerungselektronik gewonnen, und die Firma ZF, Schwäbisch Gmünd für die Servotronik, eine geschwindigkeitsabhängige Lenkhilfe.

Bei beiden Produkten führte TELEFUNKEN die sogenannte SMD (surface mounted device) Technologie aus dem Tunerbereich in die KFZ- Baugruppentechnologie ein. Hatte man dies beim Tuner noch wegen der stabilen Hochfrequenzeigenschaften dieser anschlusslosen Bauelemente eingeführt, löste dies in der KFZ- Elektronik das immer vorhandene Bauraum Problem. Da TELEFUNKEN mit dem Hybridewerk in Nürnberg auch hervorragendes Know How über Bauelemente und Fertigungsprozesse im höheren Temperaturbereich (bis 150 Grad Celsius) hatte, war es auch TELEFUNKEN, die als erster Baugruppen für den gesamten Motorraum- Temperaturbereich von -40 Grad bis zunächst +115 Grad qualifizierte und in Großserie lieferte.

Der entscheidende Sprung in die Riege der großen Automobilzulieferer gelang erst mit dem neuen Kunden TEVES (ITT Automotive).

Vorher lag aber der Niedergang und der Vergleich der AEG am 31.10.1982.

Ab 1.11.1982 hieß die Firma nun TELEFUNKEN electronic GmbH, mit 49% AEG, 49% UTC und 2% Dresdner Bank Eigentumsanteilen. Die UTC (UNITED TECHNOLOGY CORPORATION) hatte sich über eine geplante Halbleiterachse MOSTEK USA, und TELEFUNKEN Heilbronn & Manila und EUROSIL (ehemalige DIEHL CMOS Uhrenfabrik) bei München eingekauft. In der UTC waren unter anderem die FLOHR OTIS (Aufzüge) und ein Bereich Autoelektrik/ Elektronik in Dearborn/ Michigan mit 11 000 Mitarbeitern. Unser TEVES Geschäft haben wir über einen persönlichen Kontakt bei UTC aufgebaut, sonst ist mit der UTC kein Automobilelektronik Geschäft entstanden. 1986 hat DAIMLER die UTC Anteile übernommen und 1987 TELEFUNKEN auf 50% AEG, die zu 100% bei Daimler lagen, und 50% DASA kapitalmäßig aufgeteilt.

Ab Oktober 1985 rollten in Ingolstadt die ABS Baugruppen für TEVES vom Band, daraus wurde die Erfolgsstory der späteren TEMIC. Ab 1989 bauten wir in Manila den ersten Auslandsstandort für Tuner und ABS Baugruppen auf, die Produktion und Lieferung nach USA begann in 1990.

1990 konnte TELEFUNKEN eine ganze Abteilung Kfz- Elektronik von Bosch in Nürnberg übernehmen. Nun begannen wir Systemgeschäfte aufzubauen, nicht wie bisher nur das Baugruppengeschäft. Mangels weiterer Akquisitionen blieb es aber bis heute bei den Elektronikbaugruppen als Lieferumfang. War der Digifant (VW-Motormanagement) noch eine Übernahme von VW Know How, wurden die PLD (NFZ Diesel- Einspritz Management) und das CVT (Getriebeelektronik für Audi) mit eigenständig erarbeiteten Systemkenntnissen entwickelt. Diese Geräte gingen 1995 und 1999 in Serie, wobei der Digifant 1995 im neuen Werk in Mexiko anlief. Das PLD besticht durch die sog Planartechnologie, die 1992 für die ABS Generation ERM eingeführt wurde. Diese erlaubt im Fall PLD, die Baugruppe direkt an den Diesel-Motorblock anzuschrauben. Keine bisherige Baugruppenaufbauweise konnte zuverlässig diese Temperatur- und Schüttelbelastung aushalten. Genauso ist die Getriebesteuerung CVT im Getriebe selbst, umspült von z.T. sehr heißem Getriebeöl, eingebaut.

TEMIC hat sich damit als einer der Ersten weltweit in diese Bereiche gewagt und neue Bauraum- und Kostenpotentiale in der Kfz- Elektronik erschlossen.

Aber auch in und um die Firma ist in dieser Zeit viel passiert.

1992 wurde die TEMIC aus allen mit KFZ- Elektronik befassten Zulieferbereichen des Daimler Benz Konzerns gegründet. Neben dem Halbleiterbereich in Heilbronn / Manila waren dies die Baugruppenwerke Ingolstadt / Manila und Nürnberg, von Dornier ein Entwicklungsbereich in Friedrichshafen und ein Bereich der MBB in Schrobenhausen mit dem Sensorwerk in Nabern, Nähe Stuttgart.

Die Schrobenhausener hatten einen Konsortialwettbewerb der Firmen Daimler, VW, Audi, BMW und Porsche für ein Airbagsystem gewonnen. Das Werk Ingolstadt erhielt den Fertigungsvertrag und lieferte ab 1992. Mit Friedrichshafen kam eine erfahrene Hard- und Softwaremannschaft zur TEMIC, die bezüglich KFZ – Datenbussystemen (z.B. CAN-BUS) eine führende Stelle aufgebaut und hervorragende Beziehungen nach Stuttgart hatten. Mit der nun praktisch verdoppelten Entwicklungskapazität kam auch das Daimler Geschäft in Schwung und sehr bald wurden die strategisch vorgegeben maximalen 25% „Inhouse“- Umsätze erreicht.

Der USA Markt wurde nun wichtig. Seit 1993 hatten wir Resident Engineers in Detroit für das ABS Geschäft und 1995 bauten wir zwei Autostunden südlich von Mexiko City ein Baugruppenwerk im NAFTA Markt, sowohl für Kunden in Nordamerika als auch für VW in Puebla, das ca. 60 Kilometer entfernt liegt. Die Niederlassung in Detroit war zunächst unter dem Firmendach der SILICONIX in Kalifornien, die TEMIC gehörte, gegründet worden. Nach der Abspaltung der Halbleiterbereiche von der TEMIC im Dezember 1997, gründeten wir die TEMIC Automotive of North America als Vertriebs-, Applikations- und Logistikstandort für den amerikanischen Markt.

Das Geschäft der TEMIC wuchs und wuchs. Ab 1997 wurden die Entwicklungsbereiche in sogenannte Sparten bezüglich Controlling aufgeteilt und diesen Vertriebs- und Logistikverantwortung wie in einem Profitcenter übertragen. Die Werke blieben jedoch selbständig, da sie nicht eindeutig einer Sparte zuzuordnen waren. Dies galt nicht für die Bereiche Sensoren (Nabern) und Motoren (Oldenburg, Berlin, Haldensleben und Cuautla / Mexiko), aber die Sparten ABS, ANTRIEB & FAHRWERK, INSASSENSCHUTZ und KOMFORT teilten sich die Werke Nürnberg, Ingolstadt, Manila, Mexiko, Budapest und Shanghai.

Seit 10. April 2001 ist die TEMIC im Besitz der Continental, damit kamen Continental TEVES, den Conti im September 1998 von ITT Automotive übernommen hatte, und sein Hauptlieferant TEMIC unter ein Firmendach. Seit Sommer 2001 arbeiten viele Integrationsteams daran, aus den neugewonnenen Ressourcen im konzernweiten Zusammenspiel noch mehr profitables Geschäft zu generieren. Mit diesem Ziel werden im Februar 2003 die TAEM (TELEFUNKEN Automotive Electric Motors), die ISAD (Integrated Starter Alternator Damper) und der Bereich Leistungselektronik aus der Produktlinie ANTRIEB & FAHRWERK in einer neuen Produktlinie ELEKTROANTRIEBE zusammengeführt.

Die TAEM baute seit 1972 AEG Kühlerlüfter und wurde 1990 in ein Joint Venture FHP mit Elektrolux und AEG eingebracht. 1992 wurden die AEG Anteile der FHP von TEMIC übernommen, wovon seit 1996 nur die ausgegliederte KFZ-Sparte mit Sitz in Berlin und weiteren Werken in Haldersleben, Budapest und Cuautla, Mexiko in der TEMIC verblieb.

Die ISAD wurde 1994 im Bereich CONTI TECH in Köln gegründet und wurde nach dem Zukauf der Motor und Leistungselektronik Experten Gründl & Hoffman 1999 nach Landsberg am Lech verlegt.

Die Produktlinie ELEKTROANTRIEBE ist damit zum größten Bereich innerhalb der CONTINENTAL TEMIC geworden und strebt eine führende Position bei elektronisch kommutierten bürstenlosen Elektromaschinen an. Der erste Serieneinsatz eines 42 Volt ISAD Kurbelwellenstartergenerators erfolgt 2003 im FLEX POWER CHEVY SILVERADO/ GMC SIERRA von GENERAL MOTORS.

Zusammengestellt von Dipl. Ing. Klaus H. Schirmer im Februar 2003.


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