GRENZEN DER MACHT

Heute bin ich im Nachbarort an einer Gedenksäule für die gefallenen Söhne im ersten und zweiten Weltkrieg vorbeigekommen. Da waren Viele 1944 gefallen, mein Geburtsjahr. Ich hatte das Glück, leben zu dürfen, und wurde von den Fliegerbomben in München verschont. Welcher Mensch kann das verantworten? Der Krieg hat Deutschland kleiner und ärmer gemacht, als es zu Kriegsbeginn war, was Viele als gerecht empfinden. Heute hat Putin über Zweihunderttausend eigene Menschen in den Tod geführt, und wahrscheinlich ebenso viele Gegner. Alexander der Große war König des heute ziemlich unbedeutenden Makedoniens und eroberte ca. 300 Jahre vor Christus ein Riesenreich bis nach China, eine ungeheure Leistung. Aber auch er hat Tausende in den Tod geführt, und ist deshalb der Große? Macht über andere Menschen zu haben ermöglicht Großes, ohne Pharaonen gäbe es sicher keine Pyramiden. Wäre die Welt wirklich ärmer ohne derartige Denkmäler? Immer wieder stellt sich die Frage, warum und wozu wir Menschen auf der Welt sind. Gibt es die Religionen nur um das Zusammenleben zu organisieren, wenn man nicht an ein „Jenseits“ glaubt? Denken wir an die vielen Kunstwerke, die im Namen der Kirchen geschaffen wurden, nur weil Priester soviel Macht aufgebaut haben? Gibt es das alles nur, weil sich Menschen Denkmäler schaffen wollen, die ihre Endlichkeit überdauern? Ist deswegen das Internet so schnell gewachsen, weil sich nun jeder ein kleines Denkmal in den Social Media schaffen kann?

Nichts als Fragen.

Der Einzelne stellt den Wert seines Lebens über alles (normalerweise). Die sogenannten großen Führer sehen den Wert ihrer Untertanen eher als Mittel zum Zweck, das man auch mal opfern kann. Warum haben diese Menschen nicht verhindert, dass ein Mensch diese Entscheidungen treffen kann? Warum wählen viele Türken immer noch Erdogan, obwohl er weder den Wohlstand noch die Freiheit sichert, wie das früher schien? Wollen die Menschen wirklich lieber einen skrupellosen Despoten als ein bischen mehr für eigene Sicherheit und Wohlstand zu kämpfen? Unsere humanistische und demokratische Erziehung war offensichtlich nicht so erfolgreich. Schon Napoleon hat angeblich bedauert, dass er den Menschen die Freiheit bringt, die damit aber nichts anfangen können.

Die Armut und das Verbrechen sind in den letzten Hundert Jahren sicher weniger geworden, ein Fortschritt. Es gibt viele Demokratien, allerdings in unterschiedlichen Ausprägungen, zum Teil ohne dass das Recht auf körperliche und geistige Unversehrtheit garantiert wird, geschweige denn die Meinungsfreiheit. Wie können wir sicherstellen, dass wir mächtige Führer haben, die aber ihre Macht nie für sich selber einsetzen, und Minister, die den Menschen in ihrem Staat wirklich dienen, was die Bezeichnung Minister ( = Diener) ursprünglich bedeutete.

Kämpfen wir darum, ohne zu töten.

Klaus H. Schirmer 19.5.2023


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